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18.10.2023, 09:00

Wenn Apps den Autoschlüssel ersetzen – Versicherer setzen auf das Potenzial von Autodaten

Durch den Data Act der EU erhalten Autoversicherer Zugang zu der wachsenden Menge an Daten, die beim Autofahren generiert werden

Immer mehr Daten entstehen beim Autofahren. Durch den Data Act der EU können sich nun auch Autoversicherer diesen Datenschatz zunutze machen. Die Allianz kommt zu dem Ergebnis, dass der im Juni von der Europäischen Union beschlossene Data Act zukünftig auch deutliche Auswirkungen auf die Kfz-Versicherungen deutscher Autofahrer haben wird.

Sollten die neuen Regeln wie geplant im Sommer 2025 in Kraft treten, könnte dies zu risikogerechteren Prämien, einer verbesserten Unfallprävention und einem einfacheren Schadenmanagement führen. Allianz-Vorstand Klaus-Peter Röhler betonte beim Autotag des Versicherers, dass die Nutzung von Autodaten eine neue Qualität schaffen und zur Sicherheit der Kunden beitragen könne, während gleichzeitig auch mehr Nachhaltigkeit erreicht wird.

Bis 2030 erwartet die Autobranche in Europa knapp 180 Millionen vernetzte Fahrzeuge. Diese erfassen über Sensoren und Kameras nicht nur GPS-Daten und die gefahrene Geschwindigkeit, sondern auch Ladeprozesse und weitere Informationen wie etwa versehentlich nicht geschlossene Fenster. Der Data Act der EU soll künftig regeln, wer die Nutzungsrechte an den Daten hat, die von vernetzten Geräten erzeugt werden und oft ungenutzt bleiben. Besonders im Automobilsektor sind noch viele Fragen offen. Die Hersteller befürchten, durch die Freigabe von Daten eigene Leistungen aus der Hand zu geben.

Der Branchenverband VDA plädierte daher bereits vor zwei Jahren dafür, das "Berechtigungsmanagement" für Daten bei den Autobauern zu belassen. Die EU-Kommission hat sich jedoch auf die Seite der Verbraucher gestellt. Im Fall von Autobesitzern sollen diese in Zukunft ihre gesammelten Daten selbst verwalten und bei Bedarf auch anderen Unternehmen weiterleiten können, beispielsweise für Reparaturen. Auch Versicherer wie die Allianz folgen diesem Ansatz. Röhler betont, dass sie die Idee "Mein Gerät - meine Daten", die durch den Data Act zum Gesetz wird, unterstützen.

Für Autofahrer könnte sich dies beim Versicherungsabschluss in Zukunft positiv auswirken. Hierbei sollen die Autodaten automatisch übertragen werden, sodass keine weiteren Fragen gestellt werden müssen. Dies könnte auch dazu beitragen, die Akzeptanz von gebrauchten Elektrofahrzeugen zu steigern. Derzeit halten sich viele Interessenten in diesem Segment zurück, da die Leistung der teuren Batterie im Laufe der Nutzungsdauer nachlässt und es schwierig ist, ihren Zustand zu messen. Der Data Act könnte hier schnell und einfach Informationen über die Batterie liefern.

Auch das Thema Telematik könnte durch den Data Act vorangetrieben werden. In den letzten Jahren haben verschiedene Versicherer Tarife getestet, die das Fahrverhalten überwachen und bei sicherem Fahren einen Bonus gewähren. Bisher konnte die Mehrheit der Autofahrer jedoch nicht überzeugt werden. Die Systeme seien zu kompliziert und die Kunden fühlen sich in ihrem Fahrstil überwacht.

Mit dem Data Act hofft die Branche auf den Durchbruch der Telematik-Tarife. Es gibt vier verschiedene Ansätze: "Pay how you drive" gibt Auskunft über das Fahrverhalten, "pay as you drive" misst die Anzahl und Distanz der Fahrten. Zudem können Autofahrer durch den Einsatz von Sicherheitssystemen und Assistenzsystemen, die mit Echtzeitdaten versorgt werden, ihre Prämien reduzieren.

Eine völlig andere Rolle als in der Vergangenheit wird auch dem Autoschlüssel zufallen. Früher wurde er nur zum Starten und Verschließen des Fahrzeugs verwendet, doch mittlerweile enthält er immer mehr Informationen. Manchmal ersetzt eine App auf dem Smartphone sogar den traditionellen Autoschlüssel. Angesichts von rund 12.000 Autodiebstählen pro Jahr in Deutschland fordern die Versicherer hier Lösungen, die verhindern, dass physische oder virtuelle Schlüssel kopiert werden können. Im Falle eines Verkaufs des Autos müssen alle Daten vollständig gelöscht werden. "Die Datenkontrolle muss hier auf Ebene der EU erfolgen", fordert Christoph Lauterwasser von AZT Automotive.

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