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21.1.2024, 17:00

Mercedes im Umbruch: Plant Verkauf aller eigenen Autohäuser in Deutschland

Fahrzeughersteller will 20 Niederlassungen mit 80 Betrieben abgeben: Externe Händler übernehmen Beratung, Service und Verkauf.

Mercedes setzt den Fokus auf den Autobau und plant den Verkauf von rund 20 Niederlassungen mit 80 Betrieben und damit verbundenen 8000 Mitarbeitern. Das Ziel ist es, sich von Randgeschäften wie Mobilitätsdiensten zu trennen und die heimische Vertriebsorganisation zu stärken.

Die betroffenen Standorte sind unter anderem bekannte Vertriebsstützpunkte wie der nahe der Donnersbergerbrücke in München, am Salzufer in Berlin oder in Stuttgart-Untertürkheim.

Der Verkaufsprozess wird voraussichtlich bis zum Sommer dauern. Eine Grundsatzeinigung mit den Betriebsräten soll vorab stattfinden, bevor jede Niederlassung individuell geprüft und gegebenenfalls veräußert wird. Bereits jetzt bekunden unabhängige Mercedes-Händler Interesse am Erwerb einzelner Standorte.

Ein Mercedes-Sprecher bestätigt die Überlegungen und betont, dass eine Neuaufstellung der Niederlassungen keine Kündigungen zur Folge haben werde. Die Arbeitnehmervertreter reagieren jedoch entsetzt und bezeichnen die Pläne als "Schlag ins Gesicht" für die Belegschaft. Sie kündigen Widerstand an, sollten die Gespräche mit dem Management nicht zu langfristigen Garantien führen.

Der Verkaufsprozess der Niederlassungen wird voraussichtlich mehrere Jahre in Anspruch nehmen und Investoren mit "Automobil Retail Expertise", langfristigem Denken und der Bereitschaft zu Investitionen anziehen. Mercedes schließt dabei einen Verkauf an Finanzinvestoren aus.

Manche könnten die Bedingung, alle Tarifmitarbeiter bis Ende 2029 vor betriebsbedingten Kündigungen zu schützen, als Hindernis ansehen. Doch in Anbetracht des Fachkräftemangels im Kfz-Gewerbe könnte dies eher unproblematisch sein.

Die Autohäuser im Eigenbesitz von Mercedes sind profitabel und gelten als attraktive Assets. Dennoch will der Fahrzeughersteller sich zukünftig vermehrt auf den Bau von begehrten und profitablen Fahrzeugen konzentrieren. Der stationäre Verkauf ist dabei nicht unbedingt eine seiner Stärken. Externe Händlergruppen sind oft schneller, flexibler und effizienter und können Vertriebsfunktionen besser bündeln und in größere Skaleneffekte umsetzen.

In Asien und den USA arbeitet Mercedes bereits hauptsächlich mit externen Partnern im Vertrieb zusammen. Auch in Europa hat der Konzern bereits diverse Showrooms veräußert und will nun das eigene Vertriebsnetz in Deutschland straffen.

Dies ist besonders wichtig, da Deutschland der drittgrößte Absatzmarkt weltweit für Mercedes ist.

Mercedes-Chef Källenius setzt damit seinen Kurs fort, den er bereits als Vertriebsvorstand vor zehn Jahren begonnen hatte: den Rückgang des "Own Retail" in Deutschland. Eigene Handelshäuser sieht er als Relikt aus dem vorherigen Jahrhundert.

Im Zuge der teuren Transformation hin zu elektrischen Antrieben will Källenius alle verfügbaren Finanzmittel darauf konzentrieren, besonders begehrte Fahrzeuge zu bauen, mit denen sich hohe Margen erzielen lassen. Die Investitionen in anderen Bereichen müssen dafür zurückgefahren werden.

Der direkte Zugang zum Kunden und dessen Daten, welcher lange Zeit als Argument für den Verbleib der Niederlassungen bei Mercedes gedient hat, ist mittlerweile obsolet.

Die Niederlassungen wurden 2023 zu Agenten degradiert und die Kontrolle über die Kundendaten übernommen. Somit hat Mercedes nun einen direkten Einblick in Vertriebsdaten und Kundenfeedback.

Die Umstellung auf den Direktvertrieb und der nun angekündigte Verkauf der Niederlassungen wird höchstwahrscheinlich dazu führen, dass sich die Konsolidierung unter den Mercedes-Händlern beschleunigen wird. Die Anzahl selbstständiger Autohäuser der Marke ist bereits rückläufig.

Es gibt immer noch zu viele, jedoch werden voraussichtlich nicht alle überleben. Erwähnenswerte Namen unter den größten Mercedes-Händlern in Deutschland sind Lueg, Stern Auto und Beresa.

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