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9.2.2024, 13:00

Deutsche Börse startet Offensive: Will Geschäft in großem Stil von London abwerben

Dax-Konzern erwartet kräftige Zuwächse im Derivategeschäft, während Zinseinnahmen wohl schrumpfen werden.

Die Deutsche Börse rechnet in den kommenden drei Jahren mit kräftigen Zuwächsen im Derivategeschäft. Gleichzeitig gehen sie davon aus, dass die Zinseinnahmen in die andere Richtung bewegen werden. Der Brexitausstieg wird laut Finanzchef Gregor Pottmeyer voraussichtlich zu einem Anstieg von 50 bis 100 Prozent führen.

Insbesondere das Euroclearing, die Abwicklung von Derivategeschäften in Euro, wird sich hierbei als hochprofitabler Bereich erweisen. Mit einem Marktanteil von 19 Prozent will die Deutsche Börse ihren Umsatz auf dem britischen Finanzplatz weiter erhöhen.

Die EU plant, diese Abhängigkeit zu verringern, um mögliche Risiken für die Finanzstabilität zu minimieren. Am Mittwoch einigten sich Europaparlament und EU-Staaten auf neue Regeln, die Banken und Asset-Manager verpflichten, mehr Derivategeschäfte über Clearinghäuser in der EU abzuwickeln.

Börsenchef Theodor Weimer gab zu verstehen, dass er sich von der EU weitere Vorgaben gewünscht hätte. Dennoch sei er froh, dass es vor der Europawahl überhaupt zu einer Einigung gekommen sei. Die vorläufige Vereinbarung sei ein angemessener Kompromiss, der das Euroclearing in der EU stärken werde.

Weimer betonte, dass der Konzern trotz geringer Ausschläge an den Märkten im Jahr 2023 Rekordergebnisse erzielte. Durch verstärkte wiederkehrende Einnahmen, die unabhängig von Marktschwankungen sind, konnte die Deutsche Börse ihre Abhängigkeit von der Volatilität der Märkte reduzieren. Insgesamt stieg der Betriebsgewinn um 17 Prozent auf 2,9 Milliarden Euro, während die Nettoerlöse um 17 Prozent auf 5,1 Milliarden Euro anstiegen.

Hauptursachen dafür waren die Rekordübernahme des Softwarekonzerns Simcorp und die gestiegenen Zinsen. Die Deutsche Börse profitierte doppelt davon. Zum einen zog der Handel mit Zinspapieren an der Derivatebörse Eurex aufgrund des gestiegenen Sicherheitsbedarfs an. Zum anderen verdiente das Unternehmen durch die höheren Zinsen aus dem Wertpapierverwahrgeschäft.

Die Nettozinserträge stiegen insgesamt um 150 Prozent auf 702 Millionen Euro an. Allerdings geht die Deutsche Börse davon aus, dass diese Einnahmen in Zukunft wieder sinken werden. Die erwarteten Zinssenkungen der US-Notenbank Fed und der Europäischen Zentralbank (EZB) werden voraussichtlich zu einem Rückgang der Zinserträge von 630 Millionen Euro in diesem und 500 Millionen Euro im Jahr 2026 führen.

Im operativen Geschäft rechnet die Deutsche Börse weiterhin mit Wachstum. Der Kauf von Simcorp, der im September 2023 abgeschlossen sein wird, wird voraussichtlich einen großen Beitrag dazu leisten. Das Unternehmen bietet Investmentmanagement-Software für renommierte Investoren an. Für das laufende Geschäftsjahr peilt die Deutsche Börse Nettoerlöse von mehr als 5,6 Milliarden Euro und einen Betriebsgewinn von mehr als 3,2 Milliarden Euro an.

Die Übernahme von Simcorp stieß zunächst auf Kritik bei Investoren und Analysten aufgrund des hohen Kaufpreises von 3,9 Milliarden Euro und der im Vergleich zur Deutschen Börse geringeren Profitabilität. Inzwischen haben sich die Zweifel jedoch gelegt und der Aktienkurs der Deutschen Börse konnte sich erholen. Auch die Analysten der Schweizer Großbank UBS äußern sich nun positiver über den Deal.

Neben der Integration von Simcorp steht für die Deutsche Börse noch eine weitere wichtige Entscheidung an: Ende des Jahres tritt Vorstandschef Theodor Weimer ab. Bereits im September 2023 begann der Aufsichtsrat mit der Suche nach einem Nachfolger und führte Gespräche mit internen und externen Kandidaten.

Intern gilt Vorstand Stephan Leithner als aussichtsreicher Kandidat, da er in den letzten Jahren bei wichtigen Zukäufen eine entscheidende Rolle spielte. Es ist jedoch auch möglich, dass ein externer Kandidat das Rennen machen wird. Weimer äußerte sich nicht zu potenziellen Nachfolgern und betonte, dass dies die Aufgabe des Aufsichtsrats sei. Dieser werde die Entscheidung im Sinne des Unternehmens treffen.

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