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22.1.2024, 18:00

Deutsche Bank setzt neue Maßstäbe: Wird künftig selektiver bei Firmenkrediten

Die Deutsche Bank plant zukünftig, aufgrund der prekären Lage bei seiner Kreditvergabe neue Vorraussetzungen zur Selektion einzuführen.

Die Deutsche Bank hat angekündigt, ihre Firmenkundensparte profitabler zu gestalten und dabei bei der Kreditvergabe selektiver zu sein. Laut David Lynne, dem Leiter der Firmenkundensparte, wird die Stärke der Bank im Bereich komplexer und beratungsintensiver Finanzierungen liegen. Er betonte im Interview mit dem Handelsblatt, dass das Institut diesen Vorteil zukünftig verstärkt ausschöpfen möchte.

Dieser Fokus auf Rentabilität ist Teil des Versprechens der Bank an ihre Investoren, bis 2025 eine Eigenkapitalrendite von mindestens zehn Prozent zu erreichen. Aus diesem Grund wird die Deutsche Bank auch in ihren anderen Geschäftsbereichen umgestalten. Bereits im letzten Jahr kündigte die Bank an, in der Baufinanzierung weniger auf Volumen und mehr auf profitable Darlehen zu setzen.

Auch in ihre Neobank-Tochter Fyrst investiert die Bank und nutzt dabei die Gelegenheit, um sich kritisch zu gegenüber anderen Neobanken zu äußern. Die Auswirkungen dieser Strategie zeigten sich bereits im letzten Jahr: Der Kreditbestand der Firmenkundensparte sank in der ersten Jahreshälfte 2023 von 121,5 Milliarden Euro auf 116,4 Milliarden Euro, erholte sich jedoch bis Ende September wieder auf 117,1 Milliarden Euro.

Lynne betonte, dass Kredite dennoch ein wichtiger Bestandteil des Bankgeschäfts seien und die Bank weiterhin in diesem Bereich tätig bleiben werde.

Jedoch ist die Nachfrage deutscher Unternehmen nach Krediten in letzter Zeit deutlich zurückgegangen, wie Umfragen der Bundesbank und der staatlichen Förderbank KfW zeigen. Laut Jan Kupfer von der Hypovereinsbank sind Banken zwar bereit, zu finanzieren, jedoch fehlt es an Nachfrage.

Auch Lynne beobachtet, dass die Nachfrage nach einfachen Darlehen für das alltägliche Geschäft der Unternehmen aufgrund konjunktureller Faktoren schwächelt. Dagegen wächst die Nachfrage nach Finanzierungen für die Transformation der Wirtschaft, insbesondere im Bereich der Klimaneutralität.

Der Aufbau von Fabriken für die Produktion von Batterien für die E-Mobilität oder Energieprojekte wie Wasserstoff-, Wind- oder Wasserkraft sind nur ein Teil dieser Transformation. Doch auch die Absicherung von Lieferketten wird immer wichtiger, da die Welt riskanter geworden ist.

Unternehmen müssen ihre internationalen Warentransporte besser absichern, ihre Lieferketten umstrukturieren und die Beschaffungswege diversifizieren. Dadurch steigt die Nachfrage nach komplexen Finanzierungen, auch bekannt als strukturierte Finanzierungen, in denen verschiedene Finanzprodukte, wie staatliche Bürgschaften, Währungsabsicherungen und Betriebsmittelkredite, miteinander verbunden sind. Lynne betont, dass die Deutsche Bank auf solche komplexen Finanzierungslösungen spezialisiert ist.

Er ist optimistisch in Bezug auf die Ertragschancen seiner Sparte, insbesondere im Bereich der Handelsfinanzierung und im Zahlungsverkehr, in dem das Wachstum weiterhin positiv ist. Um diesem Wachstum gerecht zu werden, stellt die Bank auch neue Mitarbeiter ein und baut ihre Kundenberatung aus, um Marktanteile zu gewinnen.

In Deutschland will Lynne unter anderem in die Marke Fyrst für Geschäftskunden investieren, die sich an Kleinstunternehmen und Gewerbetreibende richtet. Obwohl er keine genauen Zahlen nennt, betont er, dass die Bank in den letzten zwei Jahren ein zweistelliges Wachstum bei Neukunden verzeichnet hat.

Laut Finanzkreisen ist die Zahl der Kunden seit Ende 2022 von 44.000 auf rund 60.000 Ende 2023 gestiegen. Es ist für große Banken schwierig, im Geschäft mit Kleinstunternehmen und Selbstständigen genügend Gewinne zu erzielen. Daher ist es notwendig, digitale Geschäftsmodelle zu verwenden.

Während der Kontakt zu Kunden bei Fyrst mittlerweile stark digitalisiert ist, gibt es noch Potenzial zur weiteren Digitalisierung der bankinternen Prozesse.

Lynne sieht die Konkurrenz durch Onlinebanken, die in den letzten Jahren versucht haben, mit Digitalangeboten auch an diese Kundengruppe zu gelangen, nicht als Bedrohung. Laut ihm ist die beste Zeit für Neobanken in diesem Segment vorbei und es ist den meisten nicht gelungen, ihr Geschäftsmodell erfolgreich zu skalieren.

Viele dieser Wettbewerber bieten Kleinstunternehmen nur eine begrenzte Produktpalette an, die vielen nicht ausreicht. Die Deutsche Bank hat viele Kunden, die zu diesen digitalen Plattformen gewechselt waren, wieder zurückgewonnen, vor allem im Gesundheitsbereich.

Lynne betont, dass die Schweiz aufgrund der Fusion von Credit Suisse und UBS sehr interessant geworden ist. Die Deutsche Bank will dort im Geschäft mit Unternehmen zur Nummer zwei werden, da die Schweizer Großkonzerne gut aufgestellt sind, jedoch kein Unternehmen von nur einer Großbank abhängig sein möchte.

Die Bank sieht dies als Möglichkeit, die entstandene Lücke zu füllen. Der Fokus der Deutschen Bank liegt vor allem in Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien, den USA und der Schweiz.

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