Zukunft der Kostenlos-Kultur: Verbotspläne zu „Payment for Order Flow“ stellen Neobroker vor Herausforderungen

Erik Podzuweit, der Gründer von Scalable Capital, spricht jetzt über die möglichen Auswirkungen des geplanten Verbots von "Payment for Order Flow" in der Europäischen Union.

Erik Podzuweit, der Gründer von Scalable Capital, spricht jetzt über die möglichen Auswirkungen des geplanten Verbots von „Payment for Order Flow“ in der Europäischen Union. Diese Praxis stellt vor allem Neobroker vor eine Herausforderung, die bisher niedrige Gebühren anbieten und sich auf dem Markt der kostenlosen ETF-Sparpläne etabliert haben.

Das bevorstehende Verbot von „Payment for Order Flow“ hat in der Branche für Aufsehen gesorgt und viele Diskussionen ausgelöst, so Erik Podzuweit von Scalable Capital. Dieses Verbot könnte dazu führen, dass Neobroker ihre Dienste nicht mehr für einen Euro anbieten können und möglicherweise auch die Ära der kostenlosen ETF-Sparpläne vorbei ist.

Bisher funktionierte dieses Geschäftsmodell folgendermaßen: Wenn jemand beispielsweise eine Aktie an der Gettex-Börse in München kauft, wird diese Aktie von einem sogenannten Market Maker angeboten. Im Fall von Scalable Capital ist dies die Baader Bank, die durch Kauf- und Verkaufsaufträge sicherstellt, dass es Angebote auf der Plattform gibt. Die Market Maker erwirtschaften ihren Gewinn durch den sogenannten Spread, der Differenz zwischen Kauf- und Verkaufspreis. Ein Teil dieses Gewinns wird an den Broker zurückgegeben, was als „Payment for Order Flow“ bezeichnet wird.

Auf change.org gibt es eine Petition mit knapp 17.000 Unterschriften (Stand 13. August, 2023) von vorrangig Privatanlegern, die damit dieses Verbot stoppen möchten.

Ein möglicher Interessenkonflikt? Kritiker dieser Praxis argumentieren, dass ein Interessenkonflikt entsteht, da Broker schlechtere Angebote anzeigen könnten, wenn sie Provisionen erhalten. Erik Podzuweit, der Gründer von Scalable Capital, gibt zu, dass es auf dem Papier ein solches Problem geben könnte. Allerdings sieht die Realität seiner Meinung nach anders aus. Eine Untersuchung der Finanzaufsicht Bafin ergab, dass dieses Modell gerade bei kleineren Aktienkäufen vorteilhaft sein kann. Selbst Finanzminister Christian Lindner sprach sich gegen ein Verbot aus, konnte es jedoch nicht verhindern. Die Gegner dieser Praxis sind vor allem große Börsen wie die Deutsche Börse oder Euronext.

Preiserhöhung bei Scalable Capital?

Für Neobroker wie Scalable Capital stellt sich nun die Frage, wie sie mit diesem Verbot umgehen sollen. Das Unternehmen plant, seine Einnahmequellen durch Trading-Abos, Zinserträge und zusätzliche Gebühren zu diversifizieren. Erik Podzuweit betont, dass sie darauf achten müssen, dass das Geschäft insgesamt profitabel bleibt. Obwohl sie Preiserhöhungen vermeiden möchten, schließt er nicht aus, dass solche Schritte in der Zukunft notwendig sein könnten. Trotzdem bleibt das Ziel bestehen, weiterhin den niedrigsten Preis im Markt anzubieten.

Blick auf Payment for Order Flow in den USA

In den Vereinigten Staaten wirft das Konzept des „Payment for Order Flow“ ein interessantes Licht auf die Finanzbranche. Diese Praxis wird von verschiedenen Perspektiven betrachtet und hat sowohl Unterstützer als auch Kritiker in der amerikanischen Finanzwelt.

Befürworter argumentieren, dass Payment for Order Flow dazu beiträgt, den Zugang zum Markt zu erleichtern und niedrigere Handelskosten für Einzelinvestoren zu ermöglichen. Dieses Modell ermöglicht es Brokern, ihre Dienstleistungen ohne direkte Gebühren oder Provisionen anzubieten, was besonders für Privatanleger attraktiv sein kann. Durch die Einnahmen aus dem Payment for Order Flow können Broker solche kostenfreien Dienstleistungen aufrechterhalten.

Allerdings gibt es auch skeptische Stimmen. Einige Kritiker sehen in dieser Praxis einen möglichen Interessenkonflikt. Sie befürchten, dass Broker dazu ermutigt werden könnten, die Orders ihrer Kunden an Market Maker weiterzuleiten, die die höchsten Zahlungen bieten, anstatt die besten Ausführungen für die Kunden zu suchen. Dies könnte dazu führen, dass die Interessen der Kunden nicht immer im Vordergrund stehen.

In den USA ist Payment for Order Flow keine Neuheit, und es hat bereits in der Vergangenheit Kontroversen hervorgerufen. Die Securities and Exchange Commission (SEC) hat Maßnahmen ergriffen, um sicherzustellen, dass Broker offenlegen, wie sie von dieser Praxis profitieren und wie sie sicherstellen, dass die Ausführung der Orders im besten Interesse der Kunden erfolgt.

Die Meinungen über Payment for Order Flow bleiben geteilt, und die Debatte über die Vor- und Nachteile dieser Praxis wird in der amerikanischen Finanzwelt weitergehen. Während einige die Vorteile für den Einzelinvestor betonen, werden andere darauf bestehen, dass eine sorgfältige Überwachung notwendig ist, um sicherzustellen, dass die Interessen der Anleger geschützt werden.

Vor- und Nachteile von PFOF (Payment for Order Flow)

Vorteile von Payment for Order Flow (PFOF):

  1. Kostenersparnis für Anleger: PFOF ermöglicht es Brokern, ihre Dienstleistungen ohne direkte Gebühren oder Provisionen anzubieten. Dies kann für Einzelinvestoren kostengünstiger sein und den Zugang zum Markt erleichtern.
  2. Erleichterter Marktzugang: Durch PFOF können auch Kleinanleger effizient am Handel teilnehmen und von den Marktbewegungen profitieren.
  3. Förderung der Liquidität: Market Maker, die von PFOF profitieren, tragen zur Liquidität des Marktes bei, indem sie bereit sind, sowohl Kauf- als auch Verkaufsaufträge auszuführen.
  4. Vielfalt an Handelsdienstleistungen: PFOF ermöglicht es Brokern, kostenfreie Dienstleistungen anzubieten, die Anlegern den Handel mit einer breiten Palette von Instrumenten erleichtern, darunter Aktien, ETFs und Optionen.
  5. Kundenbindung: Kostenfreie Dienstleistungen, die durch PFOF ermöglicht werden, können dazu beitragen, Kunden an Brokerplattformen zu binden und so langfristige Geschäftsbeziehungen aufzubauen.

Nachteile von Payment for Order Flow (PFOF):

  1. Interessenkonflikt: Kritiker befürchten, dass Broker möglicherweise dazu neigen könnten, Orders an Market Maker weiterzuleiten, die die höchsten Zahlungen bieten, anstatt die bestmöglichen Ausführungen für die Kunden zu suchen.
  2. Mangelnde Transparenz: Die Praxis von PFOF könnte zur mangelnden Transparenz führen, wenn Broker nicht ausreichend darüber informieren, wie sie von dieser Praxis profitieren.
  3. Qualität der Ausführung: Es besteht die Sorge, dass die Ausführungsqualität von Trades möglicherweise nicht immer im besten Interesse der Anleger liegt, insbesondere wenn Broker dazu neigen, die finanziellen Anreize aus PFOF höher zu gewichten.
  4. Verlust potenzieller Einnahmen: Da Broker durch PFOF Einnahmen generieren, könnten sie möglicherweise weniger Anreiz haben, Alternativen wie höhere Gebühren oder Provisionen in Erwägung zu ziehen, die sie dazu veranlassen könnten, ihr Geschäftsmodell zu ändern.
  5. Marktkonzentration: PFOF kann dazu führen, dass einige wenige Market Maker einen erheblichen Einfluss auf die Abwicklung von Trades haben, was die Marktkonzentration verstärken könnte.